Schnittgut ist Erntegut

Bei großem Hunger ist es besser, einen Zweig zu ernten, als viele Spitzen zu rasieren. Bei kleinem Hunger ist es besser, oben eine Zweigspitze zu ernten, als unten Blättchen zu zupfen.

Und überhaupt ist es besser, mehrere Pflanzen Ihrer Lieblinge zu ziehen, als ungeduldig an der einzigen Verbene zu zuppeln. Gibt’s mehrere, können sich alle abwechselnd erholen.

Kräuter trocknen

Es stimmt: während der Blüte nimmt der Gehalt ätherischer Öle bei vielen Pflanzen ab. Aber nicht bei allen. Lavendel hat seine beste Qualität während der Blüte und wird dann auch geerntet. ‚Kurz vorher‘ ist hingegen häufig besser, so bei Minzen und bei Salbei. Blütentriebe können sie auskneifen, wenn alle Kraft in’s Blatt gehen soll. Einzeln Blütenzweige belassen, sichert Saatgut und: von vielen Kräutern sind die Blüten das leckerste!
Für medizinische Zwecke sollten Pflanzen(teile) zum jeweils optimalen Zeitpunkt gesammelt werden. Für die private Küche sehen wir das etwas anders: Wenn Sie sich schon die Mühe machen, frisch zu kochen, dann gönnen sie sich doch auch die Freude, die nötige Würze frisch zu ernten – jederzeit.

Geht’s um größere Vorräte, dann schneiden Sie gesunde Zweige von möglichst knospigen Pflanzen an einem warmen Morgen nachdem der Tau von der Sonne getrocknet wurde. Schichten Sie Ihr Erntegut locker auf luftige Horden. Das sind mit Kunststoff-Gewebe oder dünnem Maschendraht bespannte Schubladen in einem offenen Regal. Oder hängen Sie dünne Bunde – drei oder vier Stiele je Bund reichen! – über Kopf auf eine Schnur. Ganz wichtig ist: UV-Licht und Hitze zerstören Ölgehalt und Farbe des Krauts, also keine Sonneneinstrahlung. Schlechte Belüftung führt zu Gammel, daher:

Bei optimalen 35°C und bewegter Luft, zugig und zügig im Dunkeln trocknen!

Danach großblättrige ‚Drogen‘ (so heißen getrocknete Heil- & Gewürzpflanzen) vom Stiel trennen, wobei möglichst wenig Blätter brechen sollen, um Öle nicht verdunsten zu lassen. Je teurer und besser der Tee, desto ‚gänzer‘ das einzelne Blatt. Jetzt wissen sie auch, was in Teebeuteln landet.
Kleinblättrige Kräuter wie Ysop, Thymian oder Zitronenbohnenkraut rebbeln Sie zwischen zwei Fingern vom Stengel. Zur Aufbewahrung haben sich Blech-oder Edelstahldosen sowie dunkle Gläser bewährt. In Papier verliert sich viel Aroma, in Plastikdosen kann der Geschmack sich verändern.

Welche Mengen pflanz‘ ich von welchem Kraut?

Immer große Mengen natürlich, aus unserer Sicht. Über’s Jahr ausreichende Mengen, aus Küchen-technischer Sicht. Schaffbare Mengen, mit Blick auf Platzvorrat und Gartenarbeitserwägungen … also: da können wir Ihnen nicht weiterhelfen. Schließlich ist es Ihr Garten & Ihr Gaumen.
Trocknen Sie auf jeden Fall den Überfluß. Für triste Zeiten. Und rauschende Feste. Für kleine, großartige Geschenke. Auf daß Ihr Garten nicht noch kahler wird, während Sie sich mühen, Ihrem Ruf gerecht zu werden.